Was ist Dark Tourism?

Was ist Dark Tourism?

Der Begriff wurde zum ersten Mal von den beiden Professoren John Lennon and Malcolm Foley verwendet und bezieht sich auf Orte, die mit Tod, Katastrophen und Zerstörung in Verbindung gebracht werden. Die beiden haben klare Kategorien definiert, was genau für sie zum Dark Tourism gehört:

  1. Reisen, um Inszenierungen von Tod zu sehen. Diese Form ist heute nur noch in sehr wenigen Gegenden populär. Früher waren diess vor allem öffentliche Hinrichtungen oder auch Gladiatorenkämpfe.
  2. Reisen zu Schauplätzen, die mit dem Tod von einzelnen oder auch Massen in Verbindung gebracht werden. Hierzu zählen z.B. Reisen nach Auschwitz, dem Kollosseum in Rom oder auch Lockerbie.
  3. Der Besuch von Gedenkstätten wie Friedhöfen, Kriegsdenkmälern, etc.
  4. Reisen zu Orten, an denen der Tod oder Symbole, die den Tod symbolisieren, präsentiert werden.
  5. Teilnahme an Veranstaltungen, bei denen Ereignisse, die mit dem Tod verbunden sind, nachgespielt werden, z.B. Ritterkämpfe, aber auch christliche Prozessionen.

Soweit die Theorie, die schon einmal einen guten Einblick gibt, wo Dark Tourism eigentlich betrieben wird. Er ist in jedem Fall kein Phänomen oder sogar Trend der letzten Jahre. Schon im 19. Jahrhundert reisten Menschen nach Waterloo, um den Ort der „Battle of Waterloo“ zu besuchen.

Ein Buzzword?

Dark Tourism ist mittlerweile zum Buzzword geworden und wird dabei oft nur alle Arten von Reisen verwendet, die nicht in das klassische Bild von Urlaub oder Tourismus passen. Dazu gehört zum Beispiel der Besuch von sogenannten „Lost Places“, also das Erkunden von leerstehenden, verlassenen Gebäuden, was erst einmal nichts mit Dark Tourism zu tun hat.

Auch die Netflix Serie Dark Tourist, in der David Farrier Reisen zu besonders bizarren Orten macht, schlägt in diese Kerbe. Wenn er mit Vampiren in New Orleans diniert oder eine Teufelsaustreibung in Mexiko besucht, hat das wenig mit tatsächlichem Dark Tourism zu tun.

Was sind bekannte Dark Tourism Orte?

Ein oft genanntes Beispiel ist Tschernobyl. Seitdem dort praktisch täglich organisierte Touren statfinden, sind die Besucherzahlen rasant gestiegen. Im Jahr 2018 hatte die Sperrzone rund um den Reaktor mehr als 70.000 Besucher. Durch die Sky-Serie „Chernobyl“ wurden diese in 2019 sogar noch einmal um ca. 50% gesteigert.

Besonders beliebt bei Touristen auch das 9/11 Memorial in New York, welches an die mehr als 3000 Opfer der Terrorangriffe vom 11. September 2001 und des Bombenanschlags von 1993 erinnert. Dorthin zieht es jährlich 4-5 Millionen Besucher.

Ist Dark Tourism verwerflich?

Das ist eine Frage, über die man stundenlang diskutieren kann, aber auf die man dann trotzdem noch keine allgemeingültige Antwort hätte.

Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die bewusst oder unbewusst Dark Tourism betreiben, tut das nicht um Spaß zu haben oder gut unterhalten zu werden. Man möchte sich informieren, sich selbst ein Bild machen oder einfach mal an dem Ort sein, den man bislang nur aus den Medien oder Geschichtsbüchern kannte. Das ist weit entfernt von verwerflichem oder respektosen Verhalten.

Das kann sich aber sehr schnell drehen, sobald Dark Tourism Orte vermarktet werden. Firmen machen an manchen Orten einen Wettbewerb daraus, die Besucher möglichst gut zu unterhalten oder, je nach Geschmack der Kunden, auch zu schockieren. Gerade Tschernobyl zeigt, wie Unternehmen die Grenzen immer weiter ausreizen. Wer sich vor 2 Jahren wunderte, wer denn tatsächlich ein T-Shirt mit Tschernobyl-Aufdruck kauft, steht nun vor der Frage, wer im Dunkeln leuchtende Socken mit Tschernobyl-Aufdruck kauft.

Ist Dark Tourism gefährlich?

Tschernobyl kann heute unbeschadet besucht werden und wird so auch beworben. Trotzdem hat die Reaktorkatastrophe enormen Einfluss auf das Leben von Millionen von Menschen gehabt. An den unmittelbaren Folgen starben „nur“ weniger als 50 Menschen, von den Langzeitfolgen sind aber Hunderttausende betroffen, wenn nicht sogar Millionen. Es sollte offensichtlich sein, dass das nicht der richtige Ort für einen Junggesellenabschied ist. Sollte es, denn tatsächlich gibt es Firmen, die genau das anbieten und den Kunden suggerieren, dass das ein tolles, ungefährliches Erlebnis ist.

Wie denkt ihr über das Thema? Hat ihr schon Dark Tourism Orte besucht?

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